(10) Im Garten beerdigt

In den letzten Kriegstagen wurden wir Frauen und Kinder evakuiert. Ich ging mit meinem Sohn Hermann zu unseren guten Freunden Ebbing-Lohaus. Dort hielten wir uns im Keller versteckt. Auch die Schwestern aus dem Krankenhaus hatten bei Ebbing-Lohaus Zuflucht gesucht und gefunden. Wir hörten bis in den Keller lautes Panzerrollen. Herr Ebbing-Lohaus sagte zu uns: "Ich gehe mal nachsehen, es sind, glaub ich, deutsche Panzer." Er ging nach oben auf den Balkon. Doch es waren keine Deutsche, sondern Engländer. Die Soldaten schossen durch die Buchenallee, die bis zum Balkon führte, auf Herrn Ebbing-Lohaus. Er wurde getroffen und war tot.

Wir saßen alle unten im Keller und merkten nichts von dem Vorfall. Doch nach einer halben Stunde sagte seine Frau: "Wo bleibt mein Mann denn nur? Er kann doch nicht so lange wegbleiben."

Wir hatten alle große Angst und machten uns Sorgen. Als Herr Ebbing nach 10 Minuten immer noch nicht wieder da war, sagt ich, dass ich nachschauen wolle, wo ihr Mann sei. Ich ging langsam die Treppe hoch. Im Haus war nichts zu sehen und zu hören. Also konnte er ja nur draußen sein. Vielleicht waren es ja wirklich deutsche Panzer gewesen, und die Soldaten unterhielten sich nun mit Herrn Ebbing-Lohaus. Als ich durchs Wohnzimmer kam, sah ich, dass die Balkontür losstand. Ich ging hin, um sie zu schließen. Doch was ich dort zu sehen bekam, konnte ich kaum glauben. Herrn Ebbing-Lohaus lag tot in der Tür. Es sah alles schrecklich aus! Ich ging wieder in den Keller und brachte Frau Ebbing-Lohaus schonend den Tod ihres Mannes bei.

Wir begruben ihn hinten im Garten, da wir keine Erlaubnis bekamen, ihn auf dem Friedhof zu beerdigen. Für Frau Ebbing-Lohaus war das alles sehr schwer. Ihr ältester Sohn war in Stalingrad vermisst, ihr Mann tot. Sie stand nun alleine mit ihren 2 kleinen Kindern auf einem Hof, der viel Arbeit kostete.
(Andrea Ebbing)