(3) Gefahren durch Flugzeugangriffe

Beim Einmarsch der Engländer 1945 in Heiden wurde der Ort zerstört. Der Hauptangriffspunkt war der Kirchturm. Aber von diesen Angriffen bekamen auf unserem Gehöft nicht sehr viel mit. Zuerst kamen die Jagdbomber, auch Jabos genannt und die Tiefflieger. Die Tiefflieger hatten schwere Maschinengewehre an Bord und konnten damit auch sehr gut treffen. Die Flugzeuge griffen meist die Züge an. Von unserem Hof, ungefähr einen Kilometer von der Bahnlinie entfernt, konnten wir diese Angriffe sehr gut beobachten. Die Tiefflieger kamen von hinten und flogen dann nur über den Zug. Wenn sie darüber hinweg waren, drehten sie sich um und griffen im Tiefflug den Zug an. Die Insassen flohen aus dem Zug und versteckten sich im Gebüsch, hinter Wällen und in Gräben, um den Kugeln der Tiefflieger zu entgehen. Englische Flugzeuge lieferten sich auch mit deutschen Luftkämpfe. Einen erlebten mein Bruder und ich mit. Wir befanden uns gerade auf dem Schulweg, als ein englischer und ein deutscher Tiefflieger über uns erschienen. Sie beschossen sich ständig, und die Kugeln schlugen in nächster Nähe von uns in die Erde. In den Ausbuchtungen des Feldweges legten wir uns hin und je nach Richtung der Flugzeuge in eine andere Spur. So wechselten wir solange die Spur, bis die Flugzeuge sich entfernten.

Bei einem Angriff englisch-amerikanischer Jagdbomber auf Heiden waren wir, mein Vater, mein Opa, mein Bruder und ich gerade in der Scheune beschäftigt, als drei Bomben auf unsere Scheune abgeworfen wurden. Eine explodierte auf dem Dachfirst, eine durchschlug das Dach und landete auf dem Boden, explodierte aber nicht. Die dritte Bombe fiel neben der Scheune nieder und explodierte. Dabei wurde meiner Schwester ein Bein abgerissen. An den Folgen starb sie einen Tag später. Diese Angriffe auf Heiden mehrten sich, und es fielen immer mehr Bomben auf die Äcker. Dabei wurde der größte Teil unserer Ernte vernichtet.

Eine in unserer Nähe stationierte Flugabwehrkanone schoss einen Jagdbomber ab, der in ein Waldstück abstürzte. Ein Flügel dieses Flugzeugs fiel in unseren Garten. Die vier Insassen des Flugzeugs konnten sich retten. Sie wurden gefangen genommen, und bei den Bauern mussten sie arbeiten. Wir bekamen auch einen Gefangenen. Mein Vater sagte mir nach der Besetzung Heidens, dass die Besitzer der Höfe, bei denen es die Gefangenen nicht gut gehabt hätten, ihre Häuser später den Engländern als Quartier überlassen mussten.
(Paul-Bernd Brösterhaus)